Schatz

‚Baba is’, drückt sich meine junge Nachbarin aus, wenn es ihr zu Hause zu langweilig wird und sie so gerne spazieren gehen oder fahren würde. Die Bedeutung von ‚Baba is’ hat mir zuerst ihre Mutter übersetzt. Selbst, wenn ich jetzt nur die beiden Worte höre, weiß ich: Franziska ist um die Ecke. Das kleine Mädl hat ihre eigene Ausdrucksweise gefunden, um zu benennen, was sie vermitteln möchte. Sie wird trotz ihres noch geringen Wortschatzes verstanden; und der wird sich noch um vieles erweitern, ich bin mir sicher.

Mit der eigenen Begeisterung, ja unserem individuellen Lebensweg ist es ähnlich. Es drängt uns zu leben, wir wollen zum Ausdruck zu bringen, was uns bewegt. Am Beginn vielleicht nur in zwei Worten. Doch auch dieser Wortschatz wird sich ausweiten.

Ich

Der individuelle Sinn unseres Daseins findet Heimat in unseren Gedanken und Gefühlen, pulsiert in unseren Organen, durchwirkt unser Wesen, strahlt aus unserem Sein. Er spricht unsere Sprache, geht unsere Bewegung, lebt unseren Mut. Es lässt sich wohl sagen:

Niemand ist im Stande, mein Leben statt mir zu leben.
Alles, was ich dazu brauche, ist mir bereits gegeben.
Daher trage auch ich die Verantwortung dafür – nicht im Sinn einer Bürde, sondern in vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten.


… und die vielen anderen

Wir leben jedoch nicht als isolierte Einzelwesen. Gerade dieses Miteinander wirft manchmal Fragen auf. Unser individuelles Sein behält Wert und Bedeutung, unabhängig davon, was rund um uns geschieht. Anders ausgedrückt: Das Wort ‚Freude’ verliert wenig an Aussagekraft, wenn es neben ‚Trauer’ steht. Eine weiße Taste am Klavier behält die Tonhöhe, auch wenn ich die schwarze daneben anschlage. Ein Apfel bleibt ein Apfel, ob er neben seines­gleichen liegt oder neben Birnen, Bananen, Melonen.

Die Freude verändert vielleicht die Form des Ausdrucks, die Saiten einer Taste am Klaviers schwingen mit den anderen, der Apfel nimmt mitunter Geschmack oder Geruch der anderen Früchte ein wenig an, doch das Innerste bleibt bestehen – das Wesen der Freude, die Tonhöhe einer Taste, das Apfel-Sein.

Die Suche danach, welches Wort, welchen Geschmack wir in die Welt bringen, ist immer wieder eine Herausforderung, der wir uns mit Recht stellen dürfen. Sind wir diesbezüglich auf einer guten Fährte, gilt es beherzt weiterzugehen, selbst wenn wir uns zuerst lieber mit anderen ‚Wichtigkeiten und Nebenschauplätzen’ ablenken wollen. Sören Kierkegaard beschreibt es mit: ‚verzweifelt nicht man selbst sein wollen’. Auch das ist uns möglich.

Das Leben zwingt uns nicht, es erinnert uns bloß und überlässt uns die Entscheidung. Dies­bezüglich hat der Apfel einen Vorteil: Er braucht wohl nicht zu seinem Apfel-Sein Stellung zu beziehen und kennt auch wenig Angst vor Ablehnung oder Zurückweisung.

Wir Menschen hingegen kennen jene Angst-Stimmen, die unheimlich laut werden können und die versuchen, das Selbst zu übertönen. Doch selbst dann hat die Angst nicht Recht! Würden wir ihr das Ruder in die Hand geben, wäre es, als hörten wir auf zu leben, bloß weil wir wissen, dass wir sterben werden.

Tun wir das? Natürlich nicht!

Bis zu unserem letzten Atemzug gibt es noch Zeit – zwei Stunden, vier Monate, unzählige Jahre. Wir wissen es nicht. Und gerade deshalb gilt es, den eigenen Weg mit Hingabe zu gehen – ohne Perfektionismus, mit Toleranz zum Scheitern und Barmherzigkeit beim Wieder- Aufstehen.

Und jede Erfahrung erweitert unseren Wort-Schatz, der das eigene Buch des Lebens füllt.

Wenn Sie diese Zeilen lesen, seien Sie gewiss: Auch in Ihnen liegt ein Schatz verborgen, auch Sie sind ein Schatz!

Karin Grössenbrunner

 

Fotocredits: Thinkstockphotos, Erika Maier

Die 5 LebensSinnBeziehungen

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SINNERFÜLLTES LEBEN, IST LEBEN IN BEZIEHUNG!

Was heißt es denn eigentlich, ein sinnerfülltes Leben zu führen? Woran können wir das festmachen? Was können wir dafür tun?Sinnerfülltes Leben ist „Leben in Beziehung“. Beziehung in verschiedenster Form und Tiefe und Intensität natürlich. Beziehung als ein Prozess auf den ich mich einlassen und aus dem ich mich auch wieder zurückziehen kann. Beziehung als ständige Aufgabe und Herausforderung, auf die ich mich einlassen kann, ja muss, wenn ich meinem Leben als Mensch gerecht werden will.

Beziehung gibt es in fünf wesentlichen Bereichen unseres Lebens:

Zuerst ist es die Beziehung zu mir selbst.

Wie gut kenne ich mich? Kann ich mich annehmen wie ich bin? Wo schlummern Potenziale, die gelebt werden wollen? Was möchte ich (noch) schaffen, was erleben? Lebe ich in der Gegenwart oder in meiner Vergangenheit oder Zukunft?

Viele Fragen, doch könnten sie vielleicht Impulse sein, mich auf den Weg (zu mir) zu machen.

Die zweite Dimension der Beziehung ist die Beziehung zu anderen Menschen.

Meine Familie, meine Partnerin, mein Partner, meine Freunde, Kollegen oder auch nur Menschen die mir zB bei einem Spaziergang begegnen. Sie alle bilden ein Netz, das mich trägt, manchmal stärker, manchmal schwächer, manchmal intensiver, dann wieder ferner. Ganz wichtig wird es sein, wie ich mich auf all diese Beziehungs-Angebote einlasse.

Eine nächste Komponente ist unsere Beziehung zu unseren Aufgaben, zu unserer Berufung.

Viktor Frankl sagt, nicht wir fragen das Leben, sondern das Leben frägt uns. Was ist jetzt von uns gefordert? In meinem Beruf, ist er nur Arbeit oder doch eine herausfordernde Aufgabe? Wo lebe ich meine Kreativität? Oder wie kann ich meine soziale Verantwortung wahrnehmen? Wir haben meist sehr viel Freiheit im Einsatz unserer Zeit und Ressourcen, gehen wir damit auch verantwortlich um?

Auch die Beziehung zu unserer Welt, zur Natur, zur Kultur, zur Tradition, in der wir leben, macht sinnerfülltes Leben aus. Wie gehen wir damit um? Genießen wir, gerade in den schönen Sommertagen, die Natur? (Be-)achten und schätzen wir die Welt in der wir leben? Wir sind so reich beschenkt an Kultur und Tradition – nehmen wir das alles wahr und tragen es vielleicht sogar ein Stück in die Zukunft weiter?

Alles durchdringen sollte unsere Beziehung zur Spiritualität, zum Religiösen, zu unserem Urgrund. C.G. Jung schreibt einmal, dass letztlich alle Fragen des Menschen in der zweiten Lebenshälfte spirituelle Fragen seien.Ganz gleich, ob Sie ein klar formuliertes Gottesbild haben oder sich eher mit dem ewigen Licht, der Energie oder Liebe verbinden, spüren Sie gerade in den ruhigeren Momenten Ihres Lebens hin, wie sehr Sie vom Leben getragen und geliebt sind!

Wenn Beziehungen bedroht sind, sich verändern, verletzt werden oder gar verloren gehen, können Konflikte entstehen und Angst hochkommen.

(Ur-)Vertrauen, Versöhnung, Verzeihen, Hoffnung, Glaube können helfen, unsere Beziehungen zu stabilisieren und Verletzungen zu heilen.

Christoph Schlick ist Gründer und Leiter des SinnZENTRUMs Salzburg.

 

 

 

 

 

 

Zu viel!

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Die Dynamik des Lebens zeichnet sich im Kleinen wie im Großen ab. Was fühlbar ist, will wahrgenommen werden – ob angenehm oder unangenehm. In dem Maß, mit dem wir uns selbst lieben, annehmen, werden wir auch andere, anderes lieben und annehmen. In dem Maß, mit dem wir uns den eigenen Ängsten aussetzen und sie akzeptieren, werden wir auch die Ängste anderer verstehen. Egal, ob wir der Sprache des Gegenübers mächtig sind oder nur sein Herz verstehen. Damit bleibt das Leben in Bewegung!

Zu viel Angst, zu viel Unsicherheit, zu viel Enttäuschung – in krisenhaften Zeiten des Lebens, mit Blick auf Menschen, die Heimat suchen.

Unterm Strich: Einfach zu viel! Überforderung macht sich breit, Frustration über das Nicht-Greifen schneller Lösungen im Außen, Hilflosigkeit gegenüber dem Eindruck, einer Situation unausweichlich ausgeliefert zu sein.

Was tun?

Ein bekannter Weg kann sein: Mehr vom selben. Mehr Anstrengung, mehr Kampf, mehr Krampf. Mit welcher Konsequenz? Ein Zurecht-Argumentieren scheinbar gerechtfertigter Gedanken lässt Mauern der Unnahbarkeit, des Sich-Nicht-Berühren-Lassens massiver werden. Die eingemauerten Gefühle fürchten sich dahinter weiter. Selten tun sich daraus entscheidend neue Perspektiven, geschweige denn Hoffnung, Erleichterung, Befreiung hervor.

Was sonst?

Wie wäre es dem Unangenehmen zu begegnen, statt es abzuschieben, in Beziehung zu treten, statt es zu leugnen. Zugegeben: Im Innersten wünscht sich wohl niemand Schmerz, Leid, Trauer. Doch: Welches Neuwerden gebiert sich ohne dieses Erleben? Wer von uns kam ohne dieses Ringen zur Welt?

Das Leben ist uns geschenkt. Und: Nur, was wir annehmen, können wir gestalten – das gilt für Freude und Leid im gleichen Maß. Das trifft auf das Kleine wie auf das Große zu.

Es kann schon mal helfen, bei einem aufgeschlagenen Knie des Kindes auf die blühende Blume daneben aufmerksam zu machen, um abzulenken. Ob es als dauerhafte Strategie, mit Verletzung umzugehen hilft, bezweifle ich.

Oft erleben wir wohl auch folgendes: das Kleine sitzt in den Armen der Großen am Schoß, darf weinen, auf die Wunde wird geblasen, … schon „ist es wieder gut“ und die Kinder laufen von selbst zur nächsten Entdeckung. Kein Kind will aus sich heraus dauerhaft „arm“ sein. Wenn es allerdings nicht weinen darf, ist es erst recht „arm“.

Wie lebendig könnte das Leben sein, wenn wir es uns nicht zurechtrücken, wie wir es gerne hätten, sondern mutig sind und sehen wie es gerade IST!? Ganz im Sinne Frankls Feststellung: „Wir scheitern nicht am Leben, sondern an der Vorstellung vom Leben“.

Wie wäre es, wenn wir uns um die eigene Angst, Unsicherheit, Enttäuschung selbst annehmen! Wenn wir es nicht tun, werden es andere für uns übernehmen!

Alle Gefühle wollen wahrgenommen werden. Finden sie die Anerkennung nicht in uns, landen sie im Übermaß an Alkohol, Arbeit, Beschäftigung, Gewalt, Konsum, Besitz, rechtsgerichteten Parteien … und die Furcht nimmt kein Ende.

Wie wäre es, darauf zu vertrauen, dass es diesen „Schoß“ in uns gibt, der uns mit offenen Armen zu sich nimmt, wenn wir mit unseren „aufgeschlagenen Knien“ der Angst und Überforderung ganz klein dasitzen?! Diese innere Größe, die uns hält, bis wir uns ausgeweint haben und wieder spüren können:

Dem Wahrnehmen der Angst folgt die Liebe.

Dem Ernstnehmen der Überforderung folgen kreative Wege der Lösung.

Der Akzeptanz des Endes entspringt dynamisches Leben in und aus der Fülle.

So viel!

Karin Grössenbrunner

www.sinnerfuelltleben.com

Alle Info zu Karin`s aktullem Seminar & zur Anmeldung: www.sinnzentrum.at