Beziehung zum Atem des Lebens

Spiritualität – Gott – Übersinn

Natürlich müssen wir uns bei der Frage nach dem Sinn auch mit der Frage nach der Spiritualität auseinandersetzen: Wie stehe ich zur Spiritualität, zum großen Geist? Aus dem ich komme und zu dem hin ich mich entwickle? Ich könnte Ihnen das jetzt theologisch, bibel-theologisch oder dogmatisch begründen. Grundsätzlich geht es mir um den Geist, der in uns allen ist, die geistige Dimension.

Sie können diese Dimension einfach Gott oder auch Energie nennen, andere sehen sie als Engel oder Helfer, während es auch Menschen gibt, die diese Form der Unterstützung gar nicht brauchen: Nicht jeder glaubt an etwas, und dennoch wird er Werte haben.

Eine Frage allerdings bewegt alle: Wie leicht wird es mir fallen, aus dieser Welt zu scheiden?

Natürlich gibt es auch hier wieder Menschen, die alles loslassen können und an nichts glauben. Allerdings sind sie in der Minderheit. Im Rahmen meiner Beratung streife ich immer auch die Frage nach Gott, nach der Spiritualität. Weil mir die Antwort darauf zeigt, ob der Mensch, der mir gegenübersitzt, Urvertrauen hat. Spiritualität ist wichtig als stabile Größe, als starker Anker im Leben. Sie lässt sich ausbauen, und das sollte man auch. Das versuche ich meinen Coachees zu vermitteln, weil es uns stark und widerstandsfähig macht.

Der Schweizer Psychiater Carl Gustav Jung (1875–1961) schrieb einmal: »Unter allen meinen Patienten jenseits der Lebensmitte, das heißt jenseits fünfunddreißig, ist nicht ein Einziger, dessen endgültiges Problem nicht das der religiösen Einstellung wäre. Ja, jeder krankt in letzter Linie daran, dass er das verloren hat, was lebendige Religionen ihren Gläubigen zu allen Zeiten gegeben haben, und keiner ist wirklich geheilt, der seine religiöse Einstellung nicht wieder erreicht, was mit Konfession oder Zugehörigkeit zu einer Kirche natürlich nichts zu tun hat.«

Kommen oder sind wir in Beziehung zur Spiritualität – das ist für mich etwas wesentlich Anderes als Glaube oder Religion, das ist diese unendlich große, sich selbst verschenkende Kraft –, dann werden wir wirklich lebendig. Wenn wir dafür wieder ein Gefühl bekommen, das uns oftmals in Kinderjahren aberzogen wurde, und wenn da etwas zurückkommt, wenn da ein Dialog beginnt, dann funktioniert so etwas wie »sinnvolles Leben«.

Wir lieben das Leben! Aber wenn wir entdecken, dass das Leben noch viel mehr uns liebt, dann verändert sich plötzlich die Perspektive. Ich bin überzeugt davon, dass das Leben es gut mit uns meint.

Bei all den dramatischen Geschichten, die ich in vielen Sitzungen schon gehört habe und noch hören werde, glaube ich ganz sicher: Das Leben meint es gut mit dem, der mir gegenüber sitzt. Und mit diesem kleinen Wörtchen »gut« kann ich Steine, Felsen, gar Berge in Bewegung setzen. Mit diesem Glauben an den immer gesunden, persönlichen Kern. Das bedeutet, dass das Gelingen von Beziehung nicht nur von mir abhängt, sondern auch vom Grundangebot des Lebens, das uns geschenkt ist und das der Lebensbaum uns sichtbar macht.

»Nur weil Gott ist, ist der Stein ein Stein. Nur weil Gott ist, ist der Baum ein Baum, der Löwe ein Löwe, der Mensch ein Mensch. Nur weil Gott ist, ist das Leben lebendig. Denn ohne ihn könnte nichts sein. In allem, was ist, leuchten seine Strahlen, sehen wir den Abglanz seiner Herrlichkeit.« Dionysos Areopagita

Die 5 LebensSinnBeziehungen

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SINNERFÜLLTES LEBEN, IST LEBEN IN BEZIEHUNG!

Was heißt es denn eigentlich, ein sinnerfülltes Leben zu führen? Woran können wir das festmachen? Was können wir dafür tun?Sinnerfülltes Leben ist „Leben in Beziehung“. Beziehung in verschiedenster Form und Tiefe und Intensität natürlich. Beziehung als ein Prozess auf den ich mich einlassen und aus dem ich mich auch wieder zurückziehen kann. Beziehung als ständige Aufgabe und Herausforderung, auf die ich mich einlassen kann, ja muss, wenn ich meinem Leben als Mensch gerecht werden will.

Beziehung gibt es in fünf wesentlichen Bereichen unseres Lebens:

Zuerst ist es die Beziehung zu mir selbst.

Wie gut kenne ich mich? Kann ich mich annehmen wie ich bin? Wo schlummern Potenziale, die gelebt werden wollen? Was möchte ich (noch) schaffen, was erleben? Lebe ich in der Gegenwart oder in meiner Vergangenheit oder Zukunft?

Viele Fragen, doch könnten sie vielleicht Impulse sein, mich auf den Weg (zu mir) zu machen.

Die zweite Dimension der Beziehung ist die Beziehung zu anderen Menschen.

Meine Familie, meine Partnerin, mein Partner, meine Freunde, Kollegen oder auch nur Menschen die mir zB bei einem Spaziergang begegnen. Sie alle bilden ein Netz, das mich trägt, manchmal stärker, manchmal schwächer, manchmal intensiver, dann wieder ferner. Ganz wichtig wird es sein, wie ich mich auf all diese Beziehungs-Angebote einlasse.

Eine nächste Komponente ist unsere Beziehung zu unseren Aufgaben, zu unserer Berufung.

Viktor Frankl sagt, nicht wir fragen das Leben, sondern das Leben frägt uns. Was ist jetzt von uns gefordert? In meinem Beruf, ist er nur Arbeit oder doch eine herausfordernde Aufgabe? Wo lebe ich meine Kreativität? Oder wie kann ich meine soziale Verantwortung wahrnehmen? Wir haben meist sehr viel Freiheit im Einsatz unserer Zeit und Ressourcen, gehen wir damit auch verantwortlich um?

Auch die Beziehung zu unserer Welt, zur Natur, zur Kultur, zur Tradition, in der wir leben, macht sinnerfülltes Leben aus. Wie gehen wir damit um? Genießen wir, gerade in den schönen Sommertagen, die Natur? (Be-)achten und schätzen wir die Welt in der wir leben? Wir sind so reich beschenkt an Kultur und Tradition – nehmen wir das alles wahr und tragen es vielleicht sogar ein Stück in die Zukunft weiter?

Alles durchdringen sollte unsere Beziehung zur Spiritualität, zum Religiösen, zu unserem Urgrund. C.G. Jung schreibt einmal, dass letztlich alle Fragen des Menschen in der zweiten Lebenshälfte spirituelle Fragen seien.Ganz gleich, ob Sie ein klar formuliertes Gottesbild haben oder sich eher mit dem ewigen Licht, der Energie oder Liebe verbinden, spüren Sie gerade in den ruhigeren Momenten Ihres Lebens hin, wie sehr Sie vom Leben getragen und geliebt sind!

Wenn Beziehungen bedroht sind, sich verändern, verletzt werden oder gar verloren gehen, können Konflikte entstehen und Angst hochkommen.

(Ur-)Vertrauen, Versöhnung, Verzeihen, Hoffnung, Glaube können helfen, unsere Beziehungen zu stabilisieren und Verletzungen zu heilen.

Christoph Schlick ist Gründer und Leiter des SinnZENTRUMs Salzburg.